
„Tatütata!“ – als dieser Ruf durch das Außengelände hallt, laufen Kindergruppen neugierig in Richtung Rückseite der Kita. Dort steht ein großes, rotes Feuerwehrauto – ein Bild, das sofort die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Freiwillige Feuerwehr Hänigsen ist da. Es ist Mittwoch, Feuerwehrtag in der Notrufwoche. Und dieser Tag fühlt sich ganz anders an als sonst.
Die Idee zur Projektwoche kam – wie so oft – von den Kindern selbst. Bereits im Juni 2024 hatten einige den Wunsch geäußert, mehr über Notfälle und das richtige Verhalten in solchen Situationen zu erfahren. „Wir greifen solche Impulse gezielt auf. Die Notrufwoche ist Teil unseres Schutzkonzepts und ein gutes Beispiel dafür, wie wir Kinderrechte praktisch umsetzen – insbesondere das Recht auf Mitbestimmung“, erklärt Erzieherin Anja Koch, die die Woche mitgeplant hat. Unter dem Motto „Wir machen Kinder stark“ wurde gemeinsam überlegt, ausprobiert und gefragt – auf Augenhöhe.
Am Einsatzfahrzeug stehen Kati und Tobias Schüttauf. Sie haben nicht nur das Fahrzeug mitgebracht, sondern auch Jacken, Helme, Handschuhe – und viele Einblicke. Eine ganze Kindergruppe hat sich um die geöffnete Seitenklappe versammelt. Kati Schüttauf zeigt einen ausgerollten Schlauch, daneben liegt ein grellgelber Wasserschlauch ordentlich aufgewickelt auf dem Boden. Hinter ihr schimmern orangefarbene Schutzjacken, daneben Metallwerkzeuge, Pumpelemente, Seile. Die Kinder lauschen aufmerksam, manche stehen auf Zehenspitzen, um alles zu sehen.
Ein Stück weiter setzt ihr Kollege einem Mädchen vorsichtig einen Feuerwehrhelm über den Kopf. Der Helm sitzt etwas schief, das Visier wird heruntergeklappt. Das Mädchen schaut ernst, als wäre sie jetzt selbst Teil der Truppe. Daneben probiert ein anderes Kind, in die schweren Stiefel zu steigen. Die Stiefel reichen fast bis zur Hüfte, die Bewegungen darin sind unbeholfen – die Kinder lachen.
Ein paar Schritte entfernt hilft Schüttauf einem Kind beim Hineinklettern ins Fahrzeug. Das Mädchen wird die hohen Stufen hinaufgehoben, dann sitzt sie – gemeinsam mit anderen – auf den Klappsitzen im Inneren des Fahrzeugs. Gelbe Haltegriffe über den Köpfen, Funkgerät an der Wand, große Fenster – alles ist neu. „Wer sitzt eigentlich vorne?“, will ein Kind wissen. Schüttauf erklärt den Fahrerplatz, das Navigationsgerät und wie die Kommunikation mit der Zentrale funktioniert. Auch der Feuermelder wird gezeigt – inklusive Ton. Die Kinder erschrecken ein wenig, lachen dann aber, als klar wird, dass kein echter Einsatz bevorsteht.
Nächste Station: die Kübelspritze. Jetzt ist Teamarbeit gefragt. Drei Kinder halten gemeinsam das Strahlrohr fest, während Schüttauf ihnen zeigt, wie das Wasser mit der Handpumpe gepumpt wird. Ein kräftiger Schwall Wasser schießt aus dem Schlauch und die Pflanzen im Nachbargarten werden bewässert. Der Boden wird nass, die Schuhe auch, aber das stört niemanden. Es ist heiß, das Wasser bringt Abkühlung – und großes Staunen darüber, wie viel Kraft in so einem Schlauch steckt.
An einer anderen Station werden Feuerwehrhandschuhe ausprobiert. Ein Kind schlüpft mit Mühe in das dicke Material – ihr ganzer Arm verschwindet fast. „Da kann man ja gar nichts mehr greifen“, murmelt es und probiert es trotzdem weiter. Die Erzieherin beobachtet das mit einem Lächeln – genau solche Erfahrungen sind gewollt: praktisch, direkt, begreifbar. „Uns war wichtig, dass die Kinder Feuerwehr nicht nur aus Bilderbüchern kennen“, sagt Anja Koch. „Sie sollen ein Gefühl dafür bekommen, was dahintersteckt – und dass Helfen etwas ist, das alle angeht.“ Auch in den Tagen zuvor und danach drehte sich alles um Notrufe und Erste Hilfe: ein Pflasterführerschein, ein selbstgedichtetes Lied über Feuerwehr, Krankenwagen und Polizei zur Melodie von „Bruder Jakob“, das Üben der Notrufnummern 110 und 112 sowie Rollenspiele, bei denen die Kinder mit kleinen Telefonen imaginäre Notfälle meldeten – inklusive der fünf W-Fragen.
Zum Abschluss des Feuerwehrbesuchs versammeln sich alle vor dem großen Fahrzeug. Das Gruppenfoto zeigt über 20 Kinder, einige Erzieherinnen sowie Kati und Tobias Schüttlauf. Kein Helm, kein Anzug – aber dafür ein ganzer Vormittag voller Eindrücke, Gespräche und gemeinsamer Erlebnisse. Und als das Feuerwehrauto später wieder vom Gelände rollt, klingt es nicht mehr in Sirenentönen nach. Stattdessen bleibt etwas ganz Leises zurück – das Bewusstsein: Helfen ist etwas, das man lernen kann. Und anfangen kann man damit schon im Kindergarten.




