
Am 8. Juli 2025 besuchte die erste Gruppe der Sommerschule 2025 des Burgdorfer Mehrgenerationenhauses (BMGH) das einzigartige Industriedenkmal auf dem Hänigser Kuhlenberg. Mehr als 40 Kinder nahmen an diesem ersten Termin teil, drei weitere Gruppen folgten. Der Besuch war Teil des zweiwöchigen Ferienprogramms des BMGH für 180 Kinder rund um das Thema „Energie“ – mit spannenden Ausflugszielen wie dem Phaeno, der Raiffeisen-Tankstelle oder auch Stationen wie Schwimmbad oder Erse Park, bei denen Bewegungsenergie im wahrsten Sinne freigesetzt werden konnte. Die Teerkuhlen aber waren ein besonderes Highlight – historisch, sinnlich greifbar und mit direktem Bezug zur Region.
„Und das ist wirklich echtes Erdöl?“ fragte ein Junge mit großen Augen, während er auf dem Gelände der Hänigser Teerkuhlen stand und zuschaute, wie ein Teerkerl mit einem großen Eimer die dickflüssige, schwarzglänzende Masse vorsichtig aus der historischen Kuhle schöpfte. Gerne gaben die Ehrenamtlichen des Hänigser Heimatbundes, die die reaktivierte Teerkuhle und das Museum betreuen, Antworten auf diese und viel andere Fragen. Es handelt sich tatsächlich um Rohöl aus einer Quelle, die schon seit fast 500 Jahren bekannt ist.
Die 180 Sommerschüler, zwischen 6 und 14 Jahren alt, besuchen über das Jahr verschiedene Schulen. Rund ein Drittel der Kinder ist neu in Deutschland und bei einem weiteren Drittel handelt es sich um Nachhilfeschüler des BMGH mit unterschiedlichsten sprachlichen Voraussetzungen. Ursula Wieker, die Koordinatorin des BMGH, hatte die Teilnehmenden jeweils in altersgerechte Kleingruppen aufgeteilt. So konnten die Führungen flexibel und verständlich gestaltet werden. Unterstützt wurden die Teerkerle durch Sprachmittler, die punktgenau dort halfen, wo Worte und Gesten allein nicht reichten.
Die Führungen übernahmen Thomas Degro, Stefan Auerbach, Thomas Kraft, Rudi Baumeister und Jürgen Meister – fünf engagierte Teerkerle, die mit Herzblut und Geduld selbst die kniffligsten Fragen beantworteten. Auf ihren Einsatz waren zuvor auch die 45 begleitenden Dozenten des BMGH bestens vorbereitet worden: In einer eigens von Ursula Wieker organisierten Einführungsveranstaltung lernten die Gruppenbegleiter – einige selbst ehemalige Teilnehmende der Sommerschule – worauf es beim Umgang mit Kindergruppen ankommt. Eine erfahrene Pädagogin schulte die jungen Erwachsenen im pädagogischen Alltag. Anschließend übernahmen die Teerkerle selbst mit einer Führung über das Gelände und praktischen Hinweisen zu den Exponaten vor Ort die thematische Einführung. Dank der guten Vorarbeit und Organisation funktionierte das Zusammenspiel während des Sommerschulprogramms reibungslos. Die eine Hälfte der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen wurde von den Teerkerlen über das Gelände geführt und erfuhr so viel Interessantes über fossile Energiequellen. Die andere Gruppe entdeckte währenddessen selbstständig die imposanten Pumpen vor der Werkhalle oder nutzte die Gelegenheit, sich zwischen den alten Förderanlagen ein wenig auszutoben und überschüssige Energie abzubauen.


Und obwohl das Wetter an manchen Tagen nicht ganz mitspielte, war die Stimmung durchweg lebendig und konzentriert. Einige Sommerschüler entdeckten sogar, dass an einer Station zähes Öl durch eingefärbtes Wasser ersetzt worden war – ein Beweis für wachsame Augen und echtes Interesse.
Dass sich alle Gruppen respektvoll und offen verhalten haben, fiel auch den Teerkerlen auf: „Eine tolle Mischung“, so war mehrfach zu hören, „aufgeschlossen, höflich, neugierig – das hat richtig Spaß gemacht.“ Die Hoffnung, dass einige Kinder mit ihren Familien zum Entdeckertag am 14. September 2025 wiederkommen, ist groß.
Der Besuch bei den Hänigser Teerkuhlen war mehr als nur ein Ausflug – er war ein Beweis dafür, wie gut Bildung, Engagement und Gemeinschaft auch in den Ferien zusammenkommen können. Dank der hervorragenden Organisation durch Ursula Wieker und das Team des BMGH sowie der Offenheit der Teerkerle konnten Kinder aus ganz unterschiedlichen Lebensrealitäten ein gemeinsames Stück Regionalgeschichte erleben – und vielleicht sogar den ersten Funken für eigenes Forschen und Entdecken mitnehmen.